DaF – Deutsch lernen in Guinea-Bissau (2018)

Obwohl vielen in Deutschland unbekannt, unterhielt Guinea-Bissau in den 70er und 80er Jahren enge Beziehungen zur DDR. Daher trifft man auch heute noch auf viele deutschsprachige Guineer in Bissau. Die DDR vergab ab den 60er Jahren zahlreiche Stipendien an Studenten und führte Fortbildungen für Regierungsmitarbeiter in Deutschland durch. Mit dem Zusammenbruch der DDR 1990 schliefen auch die Beziehungen zu Deutschland ein und bewegen sich seitdem auf geringem Niveau. So ist es auch für die junge Generation in Bissau schwierig geworden Deutsch zu lernen. Zurzeit gibt es eigentlich nur eine Möglichkeit in Bissau an Deutschkursen teilzunehmen.

Deutsch lernen bei AGAA

Ab dem Schuljahr 2007/08 organisierte der Deutsch Guineische Freundschaftsverein (Associação dos Amigos Guineenses da Alemanha, AGAA) Deutschkurse auf verschiedenen Niveaustufen. Die Finanzierung erfolgte über die deutsche Botschaft in Dakar.

Schüler des Deutschkurses am INEP Bissau 2008/2009

In den ersten Jahren fand der Unterricht findet am INEP (Instituto Nacional de Estudos de Pesquisa) statt. In 2012/13 sind die Deutschkurse jedoch an einen zentraleren Ort im Zentrum (Praça) gezogen. Die Kurse fanden im Kursraum des Projekts „Mom ku Mom“ des Weltfriedensdienst e.V. in der Rua Justino Lopes statt.

Die Kurse begannen jedes Jahr im Oktober/November und dauern über drei Trimester bis Juni/Juli. Je nach Bedürfnissen der Teilnehmer fanden an 2-3 Terminen wöchentlich 2 Unterrichtseinheiten à 45 min. statt. Eine Niveaustufe nach Europäischen Referenzrahmen GER wird so in ca. einem Jahr durchlaufen (ca. 150 UE).

Deutschunterricht an öffentlichen Schulen

Bis vor wenigen Jahren gab es in Bissau auch an einigen öffentlichen Schulen Deutschunterricht, der von ehemaligen Deutschland Stipendiaten durchgeführt wurde. Zum aktuellen Zeitpunkt wird Deutsch meines Wissens an keiner öffentlichen Schule mehr unterrichtet.

DaF – Prüfungen ? = eine Reise in den Senegal

Offizielle Prüfungen können in Bissau derzeit noch nicht abgelegt werden. Um Sprachprüfungen (z. B. im Zuge des Ehegattennachzugs) abzulegen muss das Goethe Institut Dakar aufgesucht werden. Dieses bietet im Sommer „Superintensivkurse“ auf den Niveaustufen A1 bis B2 an. In diesen Sommerkursen (meist Ende Juni bis Anfang August) soll eine Niveaustufe in 6 Wochen erreicht werden. Die Kurse kosten inkl. Lehrmaterialien und Prüfungsgebühr ca. 200.000 XOF (305 Euro).

Prüfungen können am Goehte Institut Dakar aber auch ohne vorherigen Besuch eines Kurse am abgelegt werden. Die Prüfungsgebühr für die Start Deutsch 1 Prüfung in Dakar beträgt für externe Teilnehmer 40.000 XOF (60 Euro). Anreise und Unterkunft müssen sich die Teilnehmer selbst organisieren.

Deutschkurse (DaF) in Bissau – aktuell (Stand 2018):

Die Kurse wurden letztlich im Jahre 2015/16 aufgrund von allgemein eher geringer Nachfrage und dem Mangel an qualifiziertem Lehrpersonal wieder eingestellt. Wer in Bissau Deutsch lernen möchte, dem bleibt nur ein Privatlehrer, von denen es aber einige gibt.

 

Maggi in Guinea-Bissau – über das Brühwürfelphänomen in Westafrika

Nachdem ich im Dezember 2009 hier mit den “Geschichten um den Brühwürfel” erste Ergebnisse meiner Forschungsarbeiten veröffentlicht habe, sind diese mittlerweile im Leipziger Universitätsverlag als Buch erschienen. Der Brühwürfel springt vermutlich jedem Westafrika-Reisenden ins Auge –  ich freue mich daher die Resultate nun einem größere Publikum präsentieren zu dürfen. Kritik und Anregungen sind jederzeit willkommen.

Maggi in Guinea-Bissau - über das Brühwürfelphänomen in WestafrikaDer Brühwürfel der Firma Maggi begleitet uns und die Entwicklungen der modernen Lebensmittelindustrie bereits seit über 100 Jahren. Er ist ein Produkt unter vielen anderen, die im Zuge der Globalisierung ihren Weg um die Welt gemacht haben. In Westafrika ist es der Brühwürfel, der es als selbstverständliche Zutat in die Kochtöpfe der Menschen geschafft hat. In Guinea-Bissau heißt er gusto, Geschmack.

Die vorliegende Ethnographie versucht, den Platz, den er in den Küchen Guinea-Bissaus eingenommen hat, zu skizzieren. Dabei führt der Weg von der Entstehungsgeschichte des Würfels in Europa und Südamerika zur heute in Guinea-Bissau genutzten Form. Dort ist er heftig umstritten: Die einen halten ihn für eine Ingredienz kulinarischer Dilettanten, die anderen fürchten, dass er die lokalen Esstraditionen verdrängt. Diejenigen, die ihn für einen nicht zu ersetzenden Bestandteil ihrer täglichen Mahlzeiten halten, fragen sich, wie man ein Essen ohne „Gusto“ zubereiten könne. Im Für und Wider um den Brühwürfel stellt sich dar, was von den Akteuren als eine gute Mahlzeit verstanden wird und was nicht. Im Konsum des Brühwürfels scheinen sich auch Wünsche, die über das Gebiet der Ernährung hinausgehen, auszudrücken.

“Maggi in Guinea-Bissau – über das Brühwürfelphänomen in Westafrika” – Leipziger Universitätsverlag, 2011, ISBN 978-3-86583-580-2 , Preis 20 Euro, Inhaltsverzeichnis

Exemplar per Mail an mstoppok[at]gmail.com bestellen,

im normalen Buchhandel, oder bei Amazon kaufen.

Ich wünsche allen Lesern viel Spass bei der Lektüre dieser unterhaltsamen Ethnographie!

Neues Schiff verbindet Bolama mit der Hauptstadt Bissau

Nachdem in den letzten Jahren die Verbindung zwischen Bolama und Bissau nur noch mittels Pirogen aufrecht erhalten wurde, ist seit Anfang des Jahres 2011 ein neues Schiff auf der Linie in Betrieb. Die „IV Centenário de Cacheu“ wird in Zukunft die Linie von Bissau über Bolama nach Catió bedienen. Derzeit wird jedoch nur der Abschnitt Bissau – Bolama – Bissau bedient.

Bei der Wiedereinweihungsfeier war auch Premierminister Carlos Gomes Júnior anwesend. Sie hätten schon begonnen ihre Versprechen in Bezug auf die Verbesserung der Infrastruktur einzulösen. Noch vor Ablauf seines Mandates würden zwei weitere Schiffe der selben Größe angeschafft, um auch die anderen Inseln vor der Küsten Bissau besser anzubinden. Außerdem werde es wieder eine guineische Fluggesellschaft geben, verkündete Premier Gomes Júnior.

Mit Pirogen wurde der Verkehr von Bissau nach Bolama bislang abgewickelt

Es sei unfassbar, das im 21. Jahrhundert noch immer Personen mit Pirogen reisen müssten, gab der Direktor des Hafens Bissau Mário Loureiro in typischer Fortschrittsmanier bekannt. Weiterhin müsste Guinea-Bissau eine angemessene maritime Infrastruktur schaffen, um den Bedürfnissen der Bevölkerung gerecht zu werden, die ein Recht auf diese hätten. Er garantierte, dass sie weiter an der Rehabilitierung der Infrastrukturen arbeiten würden.

Die „IV Centenário de Cacheu“ wurde von der guineischen Regierung im Jahr 1989 anlässlich der 400Jahr Feier der Stadt Cacheu erworben und bediente ursprünglich die Linie zwischen Cacheu und São Domingos im Norden des Landes. Das Schiff sollte dort den Austausch zwischen den Gemeinden am Rio Cacheu erleichtern. Nach acht Jahren im Betrieb kam es jedoch Havarie und das Schiff wurde in die Hafenanlagen von Bissau gebracht. Durch die Wirren des Konfliktes vom 9. Juni 1998 wurde das Schiff endgültig außer Betrieb gesetzt. Jetzt, dreizehn Jahre nach diesem Ereignis, wurde die „IV Centenário de Cacheu“ einer Generalüberholung unterzogen. Zunächst wurde in Zusammenarbeit mit der „Damen Shipyards Goringhem“ in den Niederlanden die Situation des Schiffes evaluiert. Für mehr als 200.000 Euro wurden die kompletten Maschinen ausgetauscht sowie über 70% des Schiffsrumpfes erneuert. Darüber hinaus wurde natürlich auch das gesamte Bord Equipment erneuert. So wurden unter anderem die Rettungseinrichtungen, ein neuer Generator und zehn Plasma-TV-Geräte angeschafft.

Die IV Centenario Cacheu wird in Zukunft die sichere und komfortable Überfahrt von Bolama nach Bissau garantieren.

Die Entscheidung die „IV Centenário“ zu reparieren fällte die Regierung im Januar 2009, nachdem bei mehreren Unfällen mit den sonst genutzten Pirogen 84 Personen gestorben waren – diese Unglücke hatten sich allerdings nicht auf der Linie nach Bolama, sondern vor allem vor der an der nördlichen Küste gelegenen Insel Pexice ereignet.

Die „IV Centenário“ hat Platz für rund 150 Passagiere und 10 Tonnen Fracht. Jeden Freitag geht es von Bissau nach Bolama, am Sonntag fährt die „IV Centenário wieder zurück nach Bissau. Die genauen Abfahrtzeiten richten sich nach den Gezeiten und sind am Hafen in Bissau zu erfragen / werden am Vortag per Aushang bekannt gegeben. Der Preis für die einfache Fahrt beträgt 3000 Fcfa.

Nach nur wenigen Wochen im Dienst lief die IV Centenario Cacheu auf eine Sandbank. Die Passagiere konnten von herbeigeeilten Pirogen übernommen werden. Die IV Centenario Cacheu wurde in den Hafen von Bissau geschleppt und wartet dort auf eine erneute Reparatur. Seit April übernehmen nun die kleinen Pirogen wieder die Verbindung Bissau-Bolama.

Quellen: Portos da Guiné-Bissau, Jornal Nô Pintcha, Lusa, Oje, eigene Angaben.

Manfred Stoppok, 24.02.2011

Bissau – Stadtentwicklung und Geschichte

Die heute weiterhin schnell wachsende Landeshauptsadt Bissau kann bereits auf eine mehrere Jahrhunderte alte Geschichte zurückblicken.  Zum absoluten administrativen und wirtschaftlichen Zentrum ist sie allerdings erst in den letzen Jahrzehnten aufgestiegen.

Ab 1446 erreichten portugiesische Seefahrer und Händler die obere Guineaküste und errichteten zahlreiche Handelsstützpunkte. Ein genaues Gründungsdatum der Stadt Bissau ist nicht bekannt, es kann aber davon ausgegangen werden, dass sich seit dem 16. Jahrhundert portugiesische/kapverdische Händler und Missionare in Bissau niederließen. Das erste schriftliche Zeugnis stammt wohl aus dem Jahre 1594, das sich zwar nicht auf den Ort, sondern auf eine ethnische Gruppe, die sich als „Bisãos“ (Pepel) bezeichneten, bezieht. Bissau war zu dieser Zeit ein unbedeutender Ort, der dem 1588 gegründeten Cacheu, dem Hauptort des von den kapverdischen Inseln aus verwalteten Distriktes Guinea, untergeordnet war. Es waren vor allem die Lançados (illegale portugiesische/kapverdische Händler)und Grumeten (wörtl. Port. Schiffsjunge; christianisierte Afrikaner) die sich in Bissau niederließen und erfolgreich das portugiesische Handelmonopol untergruben. Die Gründe der Ansiedlung waren ausschließlich ökonomischer Natur; es wurde mit Sklaven, Elfenbein und Bienenwachs gehandelt. Bissau lag praktisch in ständigem Kriegszustand mit der lokalen Pepel Bevölkerung (vgl. Kasper 1995, S. 70ff).

Blick auf eine Straße in Bissau "Velho" (2010)

Blick auf eine Straße in Bissau "Velho" (2010)

1692 wurde Bissau das Kapitänsstatut verliehen und damit auch offiziell mit Portugal verbunden. Ab 1696 wurde mit dem Bau eines Forts begonnen, welches man aber schon 1707 wieder zerstörte. Der Ort wurde von offizieller Seite verlassen. In der Folgezeit übernahmen französische Handelshäuser die Kontrolle über den Ort. Auch von den Franzosen wurde versucht ein Fort zu errichten, doch scheiterten alle Versuche. 1753 begannen schließlich die Portugiesen erneut mit dem Bau eines Forts. Endgültig beendet wurden die Arbeiten an diesem jedoch erst 1775, da die Arbeiten bereits nach kurzer Zeit nur noch schleppend vorangingen – aufgrund der schlechten Bedingungen starben allein in der letzten Phase des Baus mehr als 2600 Menschen. (Kasper 1995, S. 74f) 1776 bestand Bissau nur aus einem Fort, angrenzendem Friedhof, Hafen und Zollgebäude, sowie der Siedlung der Grumeten, die 1831 rund 5000 Bewohner zählte. Bis 1852 entwickelte sich direkt neben dem Fort eine kleine Kaufmannssiedlung, das heutige Bissau Velho, welche ab 1844 von einer Mauer geschützt wurde. Für 1853 wird die Bevölkerungszahl mit jeweils 500 freien Einwohnern und Sklaven innerhalb der Ummauerung angeben (vgl. Kasper 1995, S.77f).

Wirtschaftlich dominierte bis in die 1850er Jahre fast ausschließlich der Sklavenhandel, der mehr als 95% der Exporterlöse ausmachte. In der Bilanz deckten die Einnahmen jedoch nur etwa die Hälfte, der für die administrativen Aufgaben getätigten Ausgaben. Da die Portugiesen auch zu keinen größeren Investitionen bereit waren, war die Stimmung entsprechend schlecht. Die Mauern des Forts waren voller Löcher, das Dach der Kaserne eingestürzt, die Soldaten hausten mit ihren Frauen in selbst errichteten Baracken, es gab keinen Arzt und daher viele unversorgte Kranke und außerdem wurde auch kaum Lohn gezahlt. Bissau hatte in Portugal und auf den Kapverdischen Inseln einen sehr schlechten Ruf, so dass sich kaum Freiwillige fanden, die nach Bissau wollten, heißt es in einem Bericht von 1821 (vgl. Kasper 1995, S.78).

Bilder aus dieser Zeit finden sich in dem Buch “Postais Antigos da Guiné”. Dort werden teilweise sehr alte Postkarten aus allen Regionen des Landes präsentiert.  Auch im Internet finden sich zahlreiche Fotografien,  die hier leider nicht genutzt werden können, aus der Kolonialzeit des Landes.

Administrativ bestand der Distrikt Portugiesisch-Guinea bis 1834 aus zwei Kapitanaten, im selben Jahr wurde es zu einem Bezirk mit Bissau als Hauptort zusammengeschlossen, doch schon 1842 wurde diese Reform wieder rückgängig gemacht. 1852 wurde Bissau schließlich erneut zum Hauptort des Distriktes Guinea. 1879 wurde Portugiesisch-Guinea eine eigenständige Provinz; Bolama auf der gleichnamigen Insel wurde erste Hauptstadt.

Die Wirtschaft Guineas war mittlerweile auf landwirtschaftliche Produktion umgestellt worden (vor allem Erdnussanbau). Der Handel blieb jedoch mehrheitlich in der Hand von Franzosen, Engländern und auch Deutschen. Bissau befand sich auch Ende des 19. Jahrhunderts weithin in oftmals ständigen kriegerischen Auseinandersetzungen mit der Pepel Bevölkerung. Noch in den 1890er Jahren beschränkte sich auch der militärische Aktionsradius auf wenige km außerhalb Bissaus. Daher blieb Bissau auch zu dieser Zeit räumlich eingegrenzt und wuchs kaum. Das heutige Stadtzentrum war noch größtenteils ein Waldgebiet. Erst nach der Schleifung der Befestigungsmauer 1913 und der endgültigen Niederschlagung des Widerstandes der lokalen Bevölkerung 1915 begann Bissau in größerem Maße zu wachsen (vgl. Kasper 1995, S. 80ff).

Blick auf ein peripheres Stadtviertel in Bissau

Das Dorf der Grumeten wurde nun abgerissen und außerhalb des heutigen Zentrums wieder errichtet. Nach demAusarbeiten eines Urbanisierungsplanes begann man öffentliche Gebäude und Anlagen zu errichten. Den Handel dominierte nun wieder französische Handelshäuser, nachdem im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts die Deutschen den Ort dominiert hatten. Den Portugiesen gelang es erst in den 30er Jahren das Handelsmonopol durchzusetzen, was jedoch negative Folgen für das Wirtschaftswachstum hatte. 1925 hatte Bissau rund 300 europäische Einwohner. Im Zuge verstärkter Migration auch anderer ethnischer Gruppen nach Bissau, kam es in Bissau auch zu gewalttätigen ethnischen Auseinandersetzungen (vgl. Kasper 1995, S. 95ff).

Am 9.12.1941 wurde die Hauptstadt von Bolama nach Bissau, welches schon lange die Wirtschaft dominierte verlegt. Die Stadt wurde auch schon in den 40er Jahren als stehengeblieben und rückständig beschrieben – eine Beschreibung, die man auch heute noch zu hören bekommt. 1950 hatte Bissau 18132 Einwohner, von denen 14520 so genannte „Nicht-Zivilisierte“ und 3792 „Zivilisierte“ waren. 1953 wurde die erste Straße in Bissau asphaltiert; in der Folge kam es zum Ausbau des heutigen Straßennetzes. Seit den 40er Jahren wurden immer wieder Urbanisationspläne ausgearbeitet, von denen aber keiner vollständig ausgeführt wurde. Anfang der 60er Jahre hatte Bissau rund 25.000 Einwohner – die Zahl stieg aber aufgrund des ab 1963 ausgetragenen Befreiungskrieges der PAIGC stark an und erreichte 1970 fast die Zahl von 70.000. Da Portugal mit seiner Kolonialpolitik zunehmend in Kritik geriet, kam es in der 60er Jahren noch einmal zu einer Modernisierung der Stadt. Die europäischen Wohnviertel expandierten weiter und drängten die afrikanischen Wohnviertel weiter zurück (vgl. Kasper 1995, S. 105ff).

Blick in die Avenida Domingos Ramos in Bissau (2010)

Auch nach der Unabhängigkeit 1973/74 wuchs die Stadt weiter stark. Flüchtlinge vom Land und aus dem Ausland ließen sich vermehrt in Bissau nieder. Die verfehlte Entwicklungspolitik der PAIGC, die eine Industrialisierung in den 70er Jahren anstrebte, trug zum weiteren Wachstum bei. In Bissau konzentrierte sich fast der gesamte Handel, die gesamt Verwaltung, während das Landesinnere völlig vernachlässigt wurde. Auch die internationale Hilfe konzentrierte sich stark auf Bissau. Die Stadt wuchs und wächst bis heute in Richtung der Ausfallstraßen der Stadt. 1990 hatte die Stadt bereits geschätzte 200.000 Einwohner.

Während des Bürgerkrieges von 1998/99 kam es zu starken Zerstörungen in der Stadt. Die Kämpfe konzentrierten sich auf Bissau. Die Front verlief ausgerechnet in der Industriezone der Stadt – so wurde die schon schwache Infrastruktur ganz zerstört. Auch heute ist Bissau administratives, politisches und wirtschaftliches Zentrum des Landes. Die Infrastruktur ist schwach entwickelt. Eine öffentliche Strom- und Wasserversorgung ist auf das ehemalige europäische Zentrum beschränkt und auch dort nur eingeschränkt funktionierend. So bleibt Bissau eine der letzten Hauptstädte weltweit, die nachts weiter im Dunkeln liegt.

B. hat heute schätzungsweise 400 000 Einwohner (laut dem letzten offiziellen Zensus 2009 waren es 384 000, in den Jahren davor wurde die Bevölkerung in verschiedenen anderen Quellen auf bereits deutlich über 400 000 geschätzt).

Weiterführende Literatur:

Kasper, Josef Ernst. Bissau – Existenzsichernde Strategien in einer westafrikanischen Stadt. Peter Lang. Bern. 1995

© bolama.net

Guinea-Bissau – Ereignisse in Folge des 1. April

Der erste April 2010 in Guinea-Bissau hatte es auch hierzulande in die großen Zeitungen geschafft. Doch ebenso wie nach der Ermordung von Präsident Viera und Armeechef Tagme na Wai im März 2009 ist danach kaum mehr etwas zu hören gewesen. Deshalb soll hier einmal kurz der Fortgang der Dinge geschildert werden.

Wie auch hier in etliche Zeitungen zu lesen war, wurde am 01.04.2010 der Armeechef Zamora Induta durch den bisherigen Vizearmeechef Antonio Indjai abgesetzt. Der Premierminister wurde ebenfalls für einige Stunden unter Hausarrest gestellt. Nachdem die Bevölkerung auf die Straße ging um seine Freilassung zu fordern, drohte Antonio Indjai mit seiner Ermordung, falls die Leute nicht nach Hause gehen würden. Ebenfalls verließ der ehemalige Chef der Marine José Américo Bubo Na Tchuto seinen Zufluchtsort, das Quartier der Friedensmission der Vereinten Nationen (UNOGBIS) in Bissau. Zamora Induta wurde in ein Militärgefängnis in Mansoa gebracht, wo er bis heute, trotz einiger Appelle ihn freizulassen, einsitzt.

Am 8.4 wurden Jose Americo Bubo Na Tchuto und Luftwaffenchef Ibraima Papa Camara offiziell von der Exportkontrollbehörde des US-Finanzministeriums (Treasury’s Office of Foreign Assets Control, OFAC) beschuldigt in den internationalen Drogenhandel verstrickt zu sein. Alle Konten und Vermögen in den USA wurden gesperrt.

Bubo Na Tchuto und Antonio Indjai werden als die eigentliche neuen Machthaber in Guinea-Bissau bezeichnet, die neben der eigentlichen Regierung aus Präsident Malam Bacai Sanha und Premierminister Carlos Gomes Junior eine „Schattenregierung“ bilden.

Am 25.5 gab die EU bekannt, die Mission zur Reform des Sicherheitssektors (EU SSR) auslaufen zu lassen. Die Mission läuft personell abgebaut bis 30. September um die weitere Entwicklung im Land zu beobachten.

Premierminister Carlos Gomes jr. befand sich vom Mitte April bis Anfang Juni wegen medizinischer Behandlungen unter anderem in Kuba und Portugal. Im Mai gab es immer wieder Gerüchte er würde das Amt des Ministerpräsidenten aufgeben, letztlich kehrte er aber doch als Ministerpräsident nach Bissau zurück.

Auch um das Amt des zukünftigen Armeechefs gab es lange Spekulationen. Europäische Union und die CPLP forderten, dass der ein neuer Armeechef nicht in die Ereignisse vom 1.4 verwickelt gewesen sein dürfe. Dennoch wurde am 25.6 Antonio Indjai, der Anführer der Revolte vom 1.4 offiziell per Dekret des Präsidenten zum neuen Chef der Armee ernannt.

Am 2.8 gab die EU bekannt ihre Mission zur Reform des Sicherheitssektors (EU SSR) endgültig zum 30.09.2010 zu beenden.

Ebenfalls am 2.8 wurde bekannt gegeben, dass Guinea-Bissau der Entsendung einer internationalen Truppe zur Stabilisierung und Sicherung des Friedens im Land zustimmt. Die genauen Modalitäten müssten allerdings noch geklärt werden.

Soweit im Groben der Stand bis heute.