Zerrbild eines Migrationsprofils – Review zu „Case Study Guinea-Bissau“ von Monika Lengauer

Vor einigen Wochen erreichte mich per Email der Hinweis auf das UNESCO Handbuch „Reporting on migrants and refugees: handbook for journalism educators“ (UNESCO, Paris, 2021) welches die „Case Study Guinea-Bissau (West-Africa)“ von Monika Lengauer enthält. Das Buch ist am Erich-Brost Institut für internationalen Journalismus an der TU Dortmund entstanden. Schön, dass es Guinea-Bissau als Fallbeispiel einmal in ein Buch mit vermutlich doch signifikanter Reichweite geschafft hat, war mein erster Gedanke. Auch war ich gespannt einmal eine Übersicht zum Thema Migration und Guinea-Bissau zu erhalten und vielleicht noch den ein oder anderen neuen Aspekt zum Thema mitnehmen zu können. Leider  sollten sich diese Erwartungen nicht erfüllen – das Kapitel enttäuscht auf ganzer Linie und vermittelt in weiten Teilen ein sehr stereotypes Zerrbild eines Migrationsprofils von Guinea-Bissau. Das ist eigentlich erstaunlich, da sich die Autorin regelmäßig im Land aufhält, das Kapitel zunächst einen gut recherchierten Eindruck macht, und auch sehr umfänglich über weiterführende Literatur informiert.

Titelseite des Kapitels: „Case Study Guinea-Bissau (West-Africa)“ von Monika Lengauer, in Fengler, Susanne; Lengauer, Monika; Zappe, Anna-Carina (Hg.) (2021): Reporting on migrants and refugees: handbook for journalism educators. UNESCO. Paris (UNESCO Series on Journalism Education).

Meiner Kritik vorangestellt sei, dass mir klar ist, dass die Fallstudie Guinea-Bissau im UNESCO Handbuch lediglich ein einfach zu haltendes Fallbeispiel ist, keine Studie, die nun eine allzu umfassende Übersicht oder neue gar Forschungsergebnisse präsentieren würde. Das Anliegen des Buches ist die Sensibilisierung und Ausbildung von Journalisten, keine zu tiefgreifende Studie von Guinea-Bissau. Dennoch sollte eine Fallstudie, die ein Migrationsprofil des Landes beinhaltet, doch zumindest die verschiedenen Aspekte und Charakteristika, die das Land in Bezug auf Migration zu bieten hat, grob skizzieren.

Es ist ebenfalls nicht meine Intention Armut, Perspektivlosigkeit und die politisch prekäre Lage des Landes in irgendeiner Form schönreden zu wollen. Guinea-Bissau ist ein Land, dem die Leute tendenziell davonlaufen. Nur – ein jedes Land und auch Guinea-Bissau bietet so viel mehr Aspekte und so viel mehr Erklärungsansätze, wenn man die Armuts- und Entwicklungsperspektive verlässt und offen für die volle Bandbreite aller noch so widersprüchlichen Gegebenheiten ist.

Anspruch und Lernziele

Das Buch verspricht einen solchen Anspruch eigentlich sogar zu übertreffen – einleitend heißt auf den ersten Seiten:

  • Journalism students will learn that matters of migration and forced displacement are concerned about human beings and therefore require knowledge and awareness of accurate facts, reliable sources, ethical reporting and good practices.” (p. iii)
  • “The project will impact a more comprehensive coverage of migrant and refugee matters in countries of origin, transit and destination, and a more balanced and informed public debate across countries and cultures.” (p. iii)
  • “Module 6 and 7 shine the torch on the place of poverty, conflict and gender as well as the importance of and challenges to press freedom in covering this complex subject. It further underscores the importance of context in both writing and analysing the story of migration and forced displacement.” (p. xi) (die Fallstudie Guinea-Bissau ist das Modul 6)
  • “It is hard to imagine a more elaborate and well-researched teaching resource on this subject on the market today. This should be a must-have for every journalism training institutions across the globe.” (p. xii)

Anspruch und Erwartungen, die man als Leser haben darf, dürfen also eher hoch sein. Ob das Buch allgemein diesen Ansprüchen gerecht wird, vermag ich nicht zu sagen, die folgenden Ausführungen beziehen sich ausschließlich auf die Fallstudie zu Guinea-Bissau.

Aber schauen wir einmal in das Kapitel hinein. Die Ziele des Moduls hören sich vielversprechend an:

  • To understand a case study form an underreported African country
  • To present selected push and pull factors for a country recognized with low human development indicators
  • To sensitize participants for the human story behind numbers

Weiterhin sollen die Lernenden am Ende des Moduls u.a. in der Lage sein: ihre Zielgruppen umfassend über Migration zu informieren, so dass diese bewusste Entscheidungen treffen können; komplexe Entscheidungen von Migranten und Flüchtlingen diskutieren zu können und kurze Länder und Migrationsprofile zu erstellen.

Country Profile

Im Outline erfahren wir, dass Guinea-Bissau als unterrepräsentiertes Land aus dem lusofonen Afrika, als ein Beispiel für verschiedene Themen mit Blick auf Migration und Flucht taugt. Ein Land mit einem sehr niedrigen Rang menschlicher Entwicklung und einer Bevölkerung, die in einem Kreislauf aus politischer Instabilität, Korruption, Armut und dem Mangel an Perspektiven gefangen ist.

Weiter geht es im Country Profile mit einem vermeintlich neutral-faktenbasierten statistischen Blick auf Guinea-Bissau. Landesgröße und Bevölkerung im Vergleich zu den direkten Nachbarn Senegal und Guinea und vergleichende Zahlen zu Belgien und Lettland, die in Europa vergleichbar in Bezug Landesgröße bzw. Bevölkerung sind, folgen. Die Bevölkerung des Landes wird sich 2050 fast verdoppeln, aber die Geburtenziffer und das Bevölkerungswachstum werden sich perspektivisch deutlich verringern.

Dieser Lexikon- oder Standardblick ist ein gängiger Weg ein Land zu beschreiben. Möchte man jedoch wie die Autoren des UNESCO Handbuchs eingangs angeben ganz besonders kritisch und kultursensitiv sein, so könnte man zumindest darauf hinweisen, dass auch vermeintlich neutrale Perspektiven bereits mit einem deutlichen bias versehen sind. Schauten sich die Studenten einmal drei Länderprofile von Ländern das Globalen Südens und drei von Ländern des Globalen Nordens bei Wikipedia an, würden sie direkt merken, dass die Art und Weise von präsentierten Fakten, der Sprache und den besonders hervorgehobenen Aspekten deutlich differieren wird. Noch einfacher könnte man dazu die drei Länderprofile (Guinea-Bissau, Cote d’Ivoire und Deutschland), die in dem Handbuch selbst enthalten sind, verwenden – auch da wird man bereits konzeptionelle und sprachliche Unterschiede feststellen können. Was ich damit meine, zeigt sich noch deutlicher bei der weiteren Betrachtung des Länderprofils Guinea-Bissau.

Wir erfahren, dass das Land ethnisch divers ist – in der Fußzeile die entsprechenden Zahlen der ethnischen Aufteilung.[1] Der Islam ist die dominierende, das Christentum der Glaube einer Minderheit  und weiter heißt es: „… and the practice of indigenous animist beliefs is widespread.“.[2] Hier hat sich die Autorin dann auch sprachlich von einer neutralen Ausdrucksweise entfernt, wenngleich wir uns selbstredend weiterhin im völlig üblichen, aber eben auch völlig unkritischen Sprachgebrauch bewegen.

Weiter geht es mit der physischen Geographie Guinea-Bissaus und dem schlafenden wirtschaftlichen Potenzial des Landes, welches die Autorin vor allem in der möglichen Ressourcen-Extraktion von Holz, Bauxit und Phosphat (die Lernenden könnten darauf hingewiesen werden, dass dies prinzipiell ein typisch kolonialer Blick auf das wirtschaftliche Potenzial eines Landes ist) sowie im internationalen, hochpreisigen Tourismus sieht. Große Teile der Wirtschaft seien nicht monetarisiert (was durch die Ausdrucksweise zum angestrebten Standard wird), sondern basierten stattdessen auf Tauschhandel. Die öffentliche Verwaltung schafft es kaum der Bevölkerung über die wirtschaftlichen und militärischen Eliten zu dienen. Auch der HDI des Landes ist im regionalen Vergleich niedrig, aber zumindest in der letzten Dekade nahezu kontinuierlich steigend. Es folgen Angaben zur Lebenserwartung und gesunden Lebenserwartung (die in den letzten 20 Jahren signifikant angestiegen ist).

Mit diesem statistischen Hintergrundwissen wendet sich die Autorin nun im letzten Abschnitt des Länderprofils einigen historischen und aktuellen politischen Aspekten zu. Auch hier gilt wieder – wir erfahren Dinge, die uns in Bezug auf Migration eher wenig sagen, während andere Dinge unter den Tisch fallen. Wir erfahren, dass im Jahr 2019 die Hoffnungen groß waren, die politische Instabilität zu beenden, da erstmals ein Präsident seine komplette Amtszeit komplettierte und erfolgreich neue Präsidentschafts- und Parlamentswahlen stattfanden.[3] Ein gender-ausgeglichenes Kabinett wurde vereidigt und der neue Präsident gab zu Protokoll, den ausufernden Drogenhandel bekämpfen zu wollen, was er dann aber augenscheinlich in der Folge doch nicht tat. Solche Absätze stehen in kurzen Abhandlungen zu Guinea-Bissau regelmäßig – Gründe für Hoffnungen, dass nun alles anders wird, scheinen Autoren insbesondere zu Beginn neuer Wahlzyklen zu sehen: von den ersten freien Wahlen in den 90er Jahren (zumindest nominell eine tatsächliche strukturelle Veränderung), den Wahlen nach dem Bürgerkrieg, der Zeit nach der Ermordung von Nino Vieira (2009) bis zu den Wahlen von 2014 wurden diese vielfach als potenzielle „Zeitenwenden“ deklariert. Derartige politische Analysen oder Randbemerkungen spiegeln jedoch eher die Hoffnungen der in int. Organisationen und dem EZ-Sektor tätigen Experten wieder, als dass sie auf tatsächlichen strukturellen Veränderungen basierten. Erfüllt haben sie sich daher auch nie (leider spiegelt sich dies, wenn überhaupt, nur in politischen Studien, nicht aber in Presseberichten wider).

Wenn die Geschichte zu einem Länderprofil zum Thema Migration über Guinea-Bissau dazugehört, warum dann nicht kurz skizzieren, seit wann und in welchem Umfang Migration aus Guinea-Bissau stattfindet? Eine saisonale und auch dauerhafte Migration zu Arbeitszwecken in den Senegal gab es schon zu Kolonialzeiten. Interne Migration wurde entscheidend durch den Unabhängigkeitskrieg beeinflusst, die erste größere Welle der Migration nach Portugal gab es nach der Unabhängigkeit 1973. Weitere Phasen folgten in den 80er und 90er Jahren – wer ging da aus welchen Gründen nach Portugal? Literatur dazu ist vorhanden – tauglich Quellen tauchen gar im Literaturverzeichnis des Kapitels auf – nur verwiesen wird darauf in diesem Kontext nicht.

Migrationsprofil

Es folgt nun das dezidierte Migration Profile von Guinea-Bissau. Prinzipiell logisch strukturiert von interner zu internationaler Migration gefolgt von Fallbeispielen zu Portugal und Brasilien.

Interne Migrationsbewegungen und Binnenflüchtlinge

Im Abschnitt zu Internal Migration erfahren wir, dass der erste Schritt der Migration in der Regel der vom ländlichen in den städtischen Bereich ist. Die wenigen städtischen Zentren bieten der Bevölkerung Zugang zu den wenigen und nur rudimentären Leistungen des Staates; 44 % der Bevölkerung leben in diesen urbanen Gebieten, mit steigender Tendenz. Einige Regionen, teilweise mit geringerer Armutsquote, gelten als Startpunkt für die irreguläre Migration (Bissau, Oio, Gabú). Dies wird jetzt mit einer Referenz zu einer Studie von aus Guinea-Bissau nach Italien migrierenden Menschen unterlegt. So erfahren wir, dass 37 % der über die Mittelmeerroute ankommenden Geflüchteten aus Guinea-Bissau angaben, aus der Hauptstadt Bissau zu kommen. Hier wird dem Leser dezent ein meta-Narrativ unterschoben – denn warum wir hier direkt auf die Fluchtbewegungen über das Mittelmeer umschwenken, ist sehr fragwürdig. Ebenso, ob diese Zahlen wohl allgemein für die Migrationsbewegung aus Guinea-Bissau stehen mögen.  Es ist nicht so, dass diese Dinge anzuzweifeln wären, aber eigentlich befinden wir uns im Abschnitt interne Migrationsbewerbungen – später erfahren wir auch, dass in Italien ganze 600 Menschen aus Guinea-Bissau registriert sind – eine im Gesamtbild völlig am Rande stehende winzige Gruppe (das soll explizit nicht bedeuten, dass man dieser keine Bedeutung in Medien und Berichterstattung schenken sollte! In einem „Migration Profile“ geht es aber um eine allgemeine Übersicht zur Migration).

Auf der anderen Seite werden vielfältige andere Themen der internen Migration wiederum gar nicht erst erwähnt.

Internally Displaced People (IDPs) gibt es aktuell eigentlich keine bzw. nur im Sinne durch Unwetter ihrer Häuser beraubten Menschen – diese Zahl variiert von Jahr zu Jahr. Der Abschnitt beginnt jedoch erstmal mit dem Bürgerkrieg von vor 20 Jahren und den damals 17% der Bevölkerung umfassenden Binnenflüchtlingen.

Internationale Migration – Regional

Ethnizität spielt bei der Migration in die Nachbarländer der Region (Senegal, Gambia, Guinea) eine Rolle. Dieser Feststellung folgt der Schwenk in die Sphäre der Politik, in der Tendenzen zum „Tribalismus“ ausgemacht werden. Doch warum nun nicht bei dem Thema Ethnizität und Migration oder der Migration in die Nachbarländer bleiben, zu der es noch so viel zu erfahren gäbe und worum es im Abschnitt Intra-African Migration doch wohl eigentlich gehen sollte?

Beim Thema International Immigration and Emigration wird es dann erstmal statistisch. Migration nach Guinea-Bissau findet hauptsächlich aus den Nachbarländern statt (Senegal 13.600, Guinea 5.400 und Gambia 1.600). Die Migration aus Guinea-Bissau in die Nachbarländer ist im Verhältnis zur viel geringeren eigenen Bevölkerung durchaus als wesentlich signifikanter einzustufen (Senegal 30.600, Gambia 13.800, Guinea 4.300, Kap Verde 5.300).

Insbesondere mit Blick auf den Senegal wäre es wichtig zu wissen, dass dieser auch einer der Haupthandelspartner des Landes ist, die Warenversorgung und selbst die Internetanbindung des Landes über diesen erfolgt. Es gibt eine lange Migrationsgeschichte mit bzw. in den Senegal (s.o.), wo vorwiegend der südliche Landesteil Casamance und die Hauptstadt Dakar Ziel von Migranten aus Guinea-Bissau sind. Der Senegal ist weiterhin oftmals auch nur eine Durchgangsstation – von Dakar aus führt der Weg oftmals weiter nach Frankreich. Der Senegal bietet primär bessere Bildungsmöglichkeiten (Bachelor, Master, PhD), bessere qualifizierte Arbeitsmöglichkeiten (als Sitz vieler regionaler und internationaler NGO’s) und auch eine wesentlich bessere medizinischen Versorgung als die in Guinea-Bissau der Fall ist. Für diese regionalen Aspekte ist der Senegal in Deutschland natürlich wenig bekannt. Auch wird die Zahl der registrierten Menschen aus Guinea-Bissau im Senegal nicht die wirkliche Zahl von Menschen mit – ich benutze jetzt mal das deutsche Konstrukt – Migrationshintergrund Guinea-Bissau widerspiegeln. Diese „Community“ wird aufgrund von Einbürgerungen und dort geborenen Personen um ein vielfaches größer sein als die Zahl der als Ausländer aus Guinea-Bissau im Senegal lebenden Personen suggeriert bzw. wird die temporäre, saisonale Migration vermutlich überhaupt nicht erfasst. Einige Studien sprechen bereits in den 80er Jahren von bis zu 90.000 Menschen aus Guinea-Bissau im Senegal. Es wirft die Frage auf, wie lange eine sich assimilierende Bevölkerungsgruppe überhaupt als solche geführt oder studiert werden sollte – so lange ein dezidierter Bezug zum Herkunftsland besteht, macht dies wohl noch Sinn.

Ähnliches gilt vermutlich für Kap Verde. Hier wäre ein kurzer Satz zur historischen Verknüpfung der beiden Länder zum Verständnis sehr hilfreich (Verwaltung der Kolonie Portugiesisch-Guinea von Kap Verde aus, gemeinsames Projekt der Unabhängigkeit in den 60er/70er Jahren, Dominanz von Kapverdiern in Politik und Wirtschaft bis zum Putsch 1980). Auch mag die Zahl von Menschen aus Kap Verde mit 606 sehr niedrig sein, ob sie aber deshalb als unbedeutend eingestuft werden sollte, bleibt zweifelhaft. Nach wie vor sind Menschen aus Kap Verde in Guinea-Bissau durchaus in wirtschaftlich und politisch tragenden Bereichen aktiv, weshalb die Bedeutung einer mitunter kleinen Personengruppe nicht unterschätzt werden sollte.

Gleiches gilt für als zu vernachlässigend dargestellte Migration von Europäern nach Guinea-Bissau. Es mögen nur wenige sein, doch wenn Portugiesen (hier gibt es Statistiken, die zwischen in Portugal geborenen Residenten – ca. 900 – und der Anzahl der im Konsularbereich Guinea-Bissau registrierten Personen – ca. 10.000, davon die gute Hälfte nicht in Portugal geboren, aber bis zum Jahr 2012 zu 99,5 % Portugiesische Staatsangehörige – unterscheiden (Observatório da Emigração 2022))  und Franzosen die Mehrzahl an Tourismus, Restaurant oder der großen Bau- und Handelsunternehmen in der Hand halten ist dies wohl erwähnenswert, um die Verflechtung und Dynamik der Migration aus und nach Guinea-Bissau zu verstehen. Die hohe Diskrepanz zwischen portugiesischen Residenten und der im Konsularbezirk registrierten Personen weist auf eine zumindest temporäre Re-Immigration aus Portugal hin (was anhand von weiteren Recherchen validiert werden müsste).

Unerwähnt bleibt auch die Dominanz von senegalesischen, guineischen, mauretanischen, lybischen und insbesondere libanesischen Familien im Handelssektor, die ebenfalls mit dauerhafter Migration verbunden ist, auch wenn sie sich vielleicht nur schwer in Zahlen fassen lässt.

Ein weiterer Aspekt regionaler Migration nach Guinea-Bissau, wäre der einer gewissen LGBT Community. In Guinea-Bissau herrschen weit weniger restriktive staatlichen und gesellschaftliche Bedingungen für diese Gruppe, was zu Migration aus den Nachbarländern führt (in den Nachbarländern ist Homosexualität unter Strafe gestellt, in Guinea-Bissau nicht). Durchaus ein journalistisch relevantes und interessantes Thema, doch auch dies bleibt dem Leser verborgen.

Die regionale Komponente der Migration aus Guinea-Bissau ist auch nicht auf die direkten Nachbarländer beschränkt: in Burkina Faso (7.500) in Ghana (6.100) und auch in Angola gibt es offenbar signifikante Gruppen von Migranten aus Guinea-Bissau.

Die beschriebenen Aspekte sind nun überwiegend in Studien, die die Autorin an anderer Stelle zitiert, dargestellt – als Leser bleiben uns diese Aspekte aber vorenthalten. Es gibt scheinbar diverse Quellen für Migrationsstatistiken (Abreu 2012 weist auf viele verschiedene hin) – daraus resultierend wäre ein Hinweis auf die allgemein unsichere Zahlenlage sicherlich auch nicht verkehrt.

Migration nach Europa

Dieselben, obigen Aspekte gilt es beim Betrachten der Migration von Guinea-Bissau nach Europa zu berücksichtigen. Auch hier werden die Zahlen, der Personen aus Guinea-Bissau in Portugal (29.000), Frankreich (3.400) nur einen Teil der „Community“ umfassen, da man insbesondere in Portugal nach wenigen Jahren einen portugiesischen Pass erlangen kann. Natürlich kann nur mit offiziellen Zahlen gearbeitet werden – doch ein Hinweis auf dieses Phänomen könnte schon erfolgen, um die Bedeutung der Migration nach Portugal überhaupt erfassen zu können. Zahlen über die jährliche Migration von Guinea-Bissau nach Portugal im Vergleich zur Bevölkerung mit guinea-bissauischer Staatsbürgerschaft in Portugal könnten dies verdeutlichen – während jedes Jahr Tausende kommen, steigt die absolute Zahl von Menschen aus Guinea-Bissau in Portugal nur langsam an. Die fortlaufende Einbürgerung ist eine naheliegende Erklärung. Lissabon ist ebenso wie Bissau selbst ein Zentrum guineischer Kulturproduktion. All das sollte den Journalistik Studierenden, der sich mit Guinea-Bissau befasst, nicht verschwiegen werden!

Auch die weitere Migration von Menschen aus Guinea-Bissau in Richtung Frankreich, Vereinigtes Königreich, Belgien, Luxemburg und Deutschland ist von großer Bedeutung. Eventuell spiegelt sich dies nicht in offiziellen Zahlen wider, da der Weg der Migration über Lissabon/Portugal, dem Erlangen der portugiesischen Staatsbürgerschaft und der erst dann fortgesetzten Migration in die genannten Länder stattfindet. Diese fortgesetzte Migration ist ohne portugiesische Staatsbürgerschaft nur sehr erschwert möglich. In diesen Ländern gibt es zumindest so viele Menschen aus Guinea-Bissau, dass diverse Kulturvereine, dezidierte Catering-Services für guineischem Essen, regelmäßige Konzerte guineischer Musiker in den Zentren (Paris, London, Brüssel, Luxemburg, Hamburg) stattfinden, was doch eine gewisse Anzahl von Menschen aus Guinea-Bissau voraussetzt, die sich nicht im Bereich von wenigen hundert bewegen kann. Zahlen dazu liefert u.a. auch der von der Autorin an anderer Stelle zitierte Abreu (2012), z.B. für Spanien (6.600) und Deutschland (5.700).

All das erfahren wir im Migrationsprofil Guinea-Bissau leider nicht einmal ansatzweise, obwohl insbesondere Zahlen zu diesen Migrationswegen höchst interessant wären. Stattdessen erfahren wir, dass die Anzahl von asylsuchenden Personen aus Guinea-Bissau in Italien zwischen 2012 und 2018 vervierfacht hat (aber immer noch in einem geringen Bereich von wenigen hundert rangiert). Nun, das ist nicht falsch, doch wie wir mit der weiteren Lektüre dieses Kapitels sehen werden, hat die Autorin derartige Hinweise, die in ihrer Gesamtheit zu einem verqueren Eindruck beitragen, an verschiedenen Stellen positioniert.

Leerstelle Bildungsmigration und Brain Drain

Weder in der allgemeinen Abhandlung zur Migration nach Europa noch in der Fallstudie Portugal erfahren wir wirklich etwas über zwei ganz entscheidende Punkte: Bildungsmigration und Brain Drain. Diese Aspekte der Migration spielen sowohl in der Arbeits- als auch in der politischen Welt einen nicht zu unterschätzende Rolle – zumindest erwähnt werden sollten diese daher wohl.

Die Regierung von Guinea-Bissau erhält von diversen Ländern Studienstipendien für hunderte Studenten jedes Jahr. Zu nennen wären hier:

  • Brasilien – Portugal – Kuba – Russland – China – Marokko – Türkei – Spanien und etliche weitere Länder wie Algerien, Tunesien, Saudi-Arabien, Senegal, und vermutlich ließe sich die Liste noch um einige weitere erweitern.

Je nach Land wird nun ein kleiner oder auch großer Teil der Studierenden in diesen Ländern verbleiben. Interessant, aber natürlich nicht Aufgabe eines einfachen Migrationsprofils, wäre es nun zu erfahren in welchem Umfang hier Migration stattfindet (sporadische Zeitungsberichte über langjährig gebliebene gibt es). Für Brasilien werden über 800 Studierende geführt, für Saudi-Arabien noch 77 und für Spanien immerhin gute 50 (UNICEF; UN DESA 2014). In Marokko dürfte die Zahl wiederum in die Hunderte gehen – zumindest gibt dort in verschiedenen Städten Vereine guineischer Studenten, was eine größere Anzahl an Studierenden in den jeweiligen Städten impliziert. Auch in anderen Ländern mit Vereinen für Studierende aus Guinea-Bissau dürfte die Zahl in die Dutzende oder gar Hunderte gehen, denn sonst machten solche Vereine wenig Sinn.

Studienaufenthalte dienen wiederum auch der permanenten Migration oder sind auch nur ein vorgeschobener Grund. In den letzten Jahren hat Portugal mit einem Problem von „fake-Studenten“ zu kämpfen. Teilweise erscheinen weniger als die Hälfte der sich einschreibenden Studenten überhaupt jemals an der jeweiligen Uni, sondern suchten sich einen Job auf dem Arbeitsmarkt.

Auf der anderen Seite gibt es auch Fortbildungsprogramme und Master-Stipendien für Mitarbeiter der Verwaltung von Guinea-Bissau.

Ein allgemeines anzureißendes Thema wäre der „Brain drain“ – z.B. hat es eben auch viele gut ausgebildete Menschen von Guinea-Bissau nach Portugal gezogen, ein klassischer Sektor ist der Gesundheitssektor, der in Guinea-Bissau brach liegt, während ein nicht unerheblicher Teil der ausgebildeten Ärzte aus Guinea-Bissau in Portugal praktiziert (in älteren Quellen wird auf eine Expat Quote von 50% unter guinea-bissauischen Ärzten gesprochen (OECD 2007)). Es mögen zwar insgesamt vor allem niedrig qualifizierte Menschen migrieren, aber der Verlust von besonders qualifizierten Menschen ist für Guinea-Bissau drastisch: 70% aller Menschen, die über einen Uni-Abschluss oder ähnlich verfügen (higher education) emigrieren. Dies ist auch im regionalen Vergleich eine extrem hohe Zahl (International Organization for Migration (IOM) 2008, S. 61).

Portugal – die reguläre Migrationsroute

Im Part zu Portugal als möglicher regulärer Migrationsroute erfahren wir, dass es für Menschen aus Guinea-Bissau und den weiteren CPLP Ländern spezielle Visa- und Aufenthaltsbestimmungen gibt. Es herrscht allgemeine Visapflicht zur Einreise – ein Visum kostet mit 60 Euro bald so viel, wie ein Journalist als Monatslohn (100 Euro werden hier erwähnt) verdienen kann. Doch natürlich, der Migrant hofft, dass er bald Arbeit findet und sich diese „Investition“ bald auszahlt.

Dies ist wieder so eine Stelle, an der man der Zielgruppe des Buches sinnvolle Alltagskenntnisse über die Lebensrealitäten in Westafrika geben könnte. Stichworte wären hier multiple existenzsichernde Strategien des Lebensunterhaltes (Einkommensgenerierung aus verschiedene Quellen, Haushaltskomposition und vieles mehr). Auch kann man die Person mit 100 Euro Gehalt nun wahlweise zum aufstrebenden Mittelschicht-Migranten machen (im Sinn der bekannten AfDB Middle Class in Africa Definition) oder, in einem anderen familiären Kontext, zur in absoluter Armut lebenden Person stilisieren – potenziell tendenziöse Zahlenspiele, derer sich Journalisten bewusst sein sollten. Diese Möglichkeiten bleiben ungenutzt.

Im Migrationsprofil geht es nun weiter mit den Arbeitsverhältnissen in Portugal. Dem armen Journalisten aus Guinea-Bissau werden jetzt keine großen Hoffnungen gemacht – 40 %  Immigranten aus Guinea-Bissau seien arbeitslos und 37 % der Menschen aus dem lusofonen Afrika arbeiten Sektoren, die nur geringe oder keine Vorqualifikationen benötigen. Außerdem verdienen sie mit 500 Euro pro Monat noch einmal fast 20% weniger als die allgemeine Bevölkerung.

Jetzt könnte man einmal kritisch innehalten und die Zahlen reflektieren. Einerseits wird dies mit Sicherheit ein korrekter Aspekt sein – niedrig qualifizierte Arbeiten und Arbeitslosigkeit sind ein Top-Thema für Migranten aus Guinea-Bissau in Lissabon. Andererseits sollte man auch vorsichtig sein: In Portugal sind wir in Bezug auf Menschen aus Guinea-Bissau auf Zahlen in Bezug auf Ausländer angewiesen. Da nun sehr viele Menschen nach ein paar Jahren die portugiesische Staatsbürgerschaft erwerben, tauchen sie in einer derartigen Statistik auch nicht mehr auf. Daraus resultiert nun auch die geringe Anzahl an Menschen aus Guinea-Bissau, die in Portugal leben (20.000 – 30.000, je nach Quelle). Die in einer solchen Statistik erfassten Immigranten aus Guinea-Bissau werden also die sein, die erst seit kürzerer Zeit in Portugal leben. Wie die Situation derjenigen aussieht, die schon länger dort sind und die portugiesische Staatsbürgerschaft angenommen haben, können wir nichts erfahren, sondern nur mutmaßen, bzw. wären wir auf qualitative Studien angewiesen. Da es unter Umständen notwendig sein wird, einen Job oder Einkommen für die Einbürgerung in Portugal nachzuweisen, könnte es sogar so sein, dass diejenigen, die die Staatsbürgerschaft Guinea-Bissau behalten, letztlich einfach nur die Erfolglosen sind und daher in dieser Kategorie dann auch eine exorbitant hohe Arbeitslosigkeit herrscht. Dies ist jetzt lediglich eine von verschiedenen Möglichkeiten bzw. eine Mutmaßung, die zu einer kritischen Reflexion von Daten anregen soll – wir wissen es nicht. Es sind Aspekte, die Journalisten berücksichtigen sollten, wenn sie sich Statistiken über Migration bedienen. Statistiken über Migration zu Portugal richtig einordnen zu können ist besonders schwer, da Portugal seit Jahrzehnten ein Land intensiver Aus- und Einwanderung ist.

Obwohl wir uns im Abschnitt zu Portugal befinden schwenken wir nun wieder zu der Studie von Scarabello (2019) zur Diaspora in Italien, um zu erfahren, dass die Migranten in ihrer Mehrheit junge Männer zwischen 19 und 30 Jahren seien und oft über keinerlei formale Bildung verfügen (30 %). Außerdem kämen viele Menschen aus Guinea-Bissau nicht direkt nach Europa, sondern über das Zwischenziel Libyen. Für die kleine Diaspora in Italien sicher korrekt – auch wenn man hier ergänzend anmerken könnte, dass Guinea-Bissau zu Italien insbesondere über die Kirche und viele private Organisationen über sehr gute Kontakte verfügt. Der Weg über Libyen ist für die Migration von Guinea-Bissau nach Portugal mit Sicherheit nicht der primäre.

Zurück zu Portugal, hier erfahren wir nun, dass es verschiedene Visa Typen, die man in Guinea-Bissau beantragen kann (z.B. Arbeitsaufnahme, Studium, medizinische Hilfe und logischerweise auch die Familienzusammenführung) gibt. Einige Migranten finden nun auch eine Arbeit und erhalten eine Aufenthaltsgenehmigung oder können aufgrund fehlender medizinischer Versorgung nicht nach Guinea-Bissau zurückkehren, wo im Gesundheitssektor prekäre Verhältnisse herrschen.

Ich denke, es wird nun klar, dass die Autorin hier in eine bestimmte Richtung schreibt und ihren Fokus auf prekäre Migration, Armut, Arbeitslosigkeit und allgemeine Probleme im Zusammenhang mit Migration legt. Das kann man zwar so machen, wie dies aber mit den Eingangs dargestellten Lernzielen des Kapitels einhergeht, wird mir nicht klar. Für mich ist ein Länder- und Migrationsprofil dazu dar, einen allgemeinen Überblick über die verschiedenen Aspekte von Migration in Bezug auf das Land zu bekommen. Möchte man dann auf einzelne Aspekte fokussieren, so macht man dies im Anschluss und benennt es dann auch so.  Statt eines umfassenden Überblicks wird hier meiner Meinung nach ein sehr tendenziöser Bericht geliefert und auch die Fallstudie verschweigt diverse Aspekte, die ich für eine Einschätzung der Lage dringend brauchen würde.

Irreguläre Migration

Im Abschnitt Irregular migration from Guinea-Bissau geht es nun wirklich sinnvollerweise auch die Routen durch die Sahara und über das Mittelmeer – der Abschnitt gerät an dieser Stelle aber nun überraschend kurz. Ebenfalls erwähnt wird der Kinderhandel von Guinea-Bissau in den Senegal zu Zwecken der ökonomischen und/oder sexuellen Ausbeutung.

Brasilien – Fallbeispiel für reguläre Migration

Als zweite Fallstudie zu regulären Migrationszielen dient Brasilien. Brasilien ist seit knapp 20 Jahren zum Ziel von Menschen aus Guinea-Bissau geworden. Lengauer geht hier eher auf die politische Konstellation, in der es zur erweiterten Süd-Süd-Kooperation zwischen Brasilien und Afrika kam, ein. Der entscheidende Faktor, der die Migration in Richtung Brasilien erlaubte bzw. vermutlich gar initiierte oder zumindest auf eine wesentlich breitere Basis stellte, ist die Etablierung der Universidade da Integração Internacional da Lusofonia Afro-Brasileira (UNILAB). Diese kommt im Text in einem Nebensatz als „… and a university has been establisehd that is open to African students, …” auch vor, mehr erfahren wir an dieser Stelle leider nicht (die Bedeutung dieser Uni ist für Guinea-Bissau enorm wichtig, da überproportional viele Studenten aus Guinea-Bissau im Rahmen dieser Afrika-Initiative in Brasilien ein Studium beginnen konnten).

Die politische Lage in Brasilien hat sich in den letzten Jahren eher zum Nachteil der Süd-Süd Kooperationen mit afrikanischen Ländern entwickelt, worauf abschließend die folgende Feststellung erfolgt:

“Nevertheless, people from Guinea-Bissau and other countries in West Africa hope to find a better life in Brazil, work, and remit money home or study for free. But migrants describe the 3,000 kilometre long journey as challenging (Phillips, 2018).”

Dies ist eine schöne Stelle, an der der Unterton, der die Legitimität der Motive für die Migration implizit in Zweifel stellt, deutlich hervortritt. Dass junge Menschen, die studieren möchten, sich ein Land suchen, in dem man für dieses Studium nach Möglichkeit wenig oder nichts zahlen muss, erscheint mir allerdings höchst logisch und ein eher universelles Phänomen zu sein. Die angegebene Quelle auf die Mühen der Fahrt bezieht sich nun auf einen Bericht eines Migranten, der die Route von Kap Verde nach Brasilien zusammen mit Flüchtlingen anderer afrikanischer Länder in 35 Tagen auf einem Boot zurückgelegt hat!

So muss ich auch hier wieder fragen – wenn die Migrationsbewegung von Guinea-Bissau nach Brasilien maßgeblich von den Studenten der UNILAB und anderer Universitäten getragen wird (Lengauer nennt eine Gesamtzahl von 1.200 Menschen aus Guinea-Bissau in Brasilien; in einem anderen Migrationsprofil zu Guinea-Bissau werden 800 Studenten für das Jahr 2013 aus Guinea-Bissau in Brasilien genannt (UNICEF und UN DESA 2014)) – dann wäre die Migrationsbewegung eindeutig von Studenten getragen, und wäre zumindest primär keine Arbeits- oder Armutsmigration. Warum Lengauer hier den Bericht eines Mannes, der in einem Boot nach Brasilien geflüchtet ist als Quelle nutzt bleibt wie an anderer Stelle unklar. Es entsteht der Eindruck, dass sich Lengauer zu sehr auf Armut- und Flucht fokussiert hat und andere Aspekte aus den Augen verloren hat. Dies mag ein Effekt des gewählten Ansatzes, der sich auf statistische Entwicklungsindikatoren stützt sein – dazu mehr in den letzten beiden Abschnitten dieses Artikels.

Alternativ zu der allgemein Politik gäbe es viel zu der prekären Lage der Studenten in Brasilien zu sagen – oder auch etwas hoffnungsvoller, dass es einige der Absolventen in Brasilien durchaus Fuß fassen und dort auch erfolgreich an Universitäten tätig sind.

Kontextfaktoren – Armut, Bevölkerungswachstum und Jugend

Im weiteren Verlauf gibt es nun noch Abschnitte zu so genannten Kontextfaktoren: Armut, Bevölkerungswachstum und Jugend sowie Faktoren, die die Migration in Richtung Bissau beschleunigen (Pulling into Bissau). Diese Abschnitte spiegeln wiederum größtenteils einen Lauf durch die Statistik wider. Zum Thema Armut gibt es den Anteil der Personen, die in extremer Armut leben, den Multidimensial Poverty Index (MPI), den Anteil an Menschen mit Zugang zu sauberem Trinkwasser, Alphabetisierungsraten, Elektrifizierungsraten, die Länge des Straßennetzes und der Anteil an asphaltierten Straßen, Zugang zu Internet und Telefondienstleistungen, Personal im Sicherheitssektor im Vergleich zum Medizinsektor, öffentliche Ausgaben und Investitionen in ausgewählte Sektoren[4] und das Thema Ungleichheit. Dies alles im Vergleich zu regionalen oder internationalen Zahlen. Der Abschnitt ist so gesehen, eine Fortsetzung des Country Profile’s mit dem das Kapitel begann.

Zum Thema Bevölkerungswachstum und Jugend geht es weitgehend statistisch weiter. Angeschnitten werden die (mögliche) demografische Dividende, die sich aus einer jungen Bevölkerung ergibt, die Herausforderung, die Sustainable Development Goals (SDG’s) im Kontext einer wachsenden Bevölkerung zu erreichen, Bevölkerungswachstum, Geburtenziffer, Schulsystem, Schulabbrecherquote und einige mehr.

Die infrastrukturelle und administrative Misere des Landes ist so noch einmal eindrucksvoll mit Zahlen belegt und nachgezeichnet. Die Frage ist jedoch, ob uns diese ganzen Zahlen helfen werden, die Menschen und ihre Migrationsmotive und damit verbundenen Lebensziele zu erfassen und zu verstehen. Oder hindert uns das geballte Zahlenwerk nun daran überhaupt noch Dinge außerhalb der Armutsindikatoren wahrzunehmen? Entwicklungsindikatoren haben die Tendenz zu erfassen, was es in einem armen Land wie Guinea-Bissau im Vergleich zu reichen Industrieländern alles nicht gibt und was im Vergleich zum gesetzten Standard nicht funktioniert. Ich möchte die Entwicklungsindikatoren ausdrücklich nicht als irrelevant erklären, allerdings bergen sie die Gefahr Dinge zu übersehen und sind ein potenzielles Einfallstor für das sogenannten „othering“, welches auch in diesem Kapitel durchaus an der ein oder anderen Stelle Einzug gehalten hat. Weiterhin verstellen sie potenziell auch den Blick auf die prinzipiell bereichernden Fragen „Welche Dinge, die nicht kenne, gibt es und wie funktionieren sie?“.

Der letzte Absatz im Abschnitt zu Bevölkerungswachstum und Jugend befasst sich nun auch mit qualitativen Studien zu Migration – hier werden wichtige Themen angesprochen, die zu einem tieferen Verständnis der Migrationsbewegungen führen könnten. Monika Lengauer beweist hier, dass sie eigentlich eine umfassende Recherche zum Thema Migration in Guinea-Bissau betrieben hat. Viele relevante Studien der letzten 20 Jahre werden zitiert – warum mit diesem reichen Hintergrundwissen ein solches Länder- und Migrationsprofil erscheint, bleibt daher schleierhaft. Fast alle der von mir dargestellten Aspekte der Diaspora von Guinea-Bissau im Ausland finden sich gar in den zitierten Studien, hauptsächlich im hier von mir viel zitierten Abreu (2012) und seinen Sekundärquellen.

Die Darstellung bleibt aber sehr kurz und kann daher nur als Anregung für die weitere Lektüre angesehen werden.

Fazit

Was kann man nun aus der „Case Study Guinea-Bissau (West Africa)“  ziehen? Um die eingangs erwähnten Lernziele des Moduls zu unterrichten, taugt das Kapitel meiner Meinung nach nur ansatzweise. Positiv hervorzuheben sind die Aufgaben, die den Lernenden gestellt werden. So sollen die Lernenden z.B. über Eurozentrismus nachdenken oder darstellen, was an Guinea-Bissau als Zielland für Migration attraktiv sein könnte. Wie das mit dem vorliegenden Material gelingen soll, bleibt mir allerdings unklar.

Wenn man das Kapitel aber kritisch betrachtet, ist es auf eine andere Art und Weise ein hervorragendes Lehrstück:

  1. Wie man sich durch den vermeintlich neutralen und faktenbasierten statistischen Blick, eine auf Armut und Misere getrimmte Brille aufsetzt, die einen blind für die Diversität des Landes und seiner Migrationsbewegungen macht.
  2. Wenn man zwar gut recherchierte „Fakten“ und Aspekte präsentiert – aber auf der anderen Seite diverse „Fakten“ und Aspekte weglässt – passiert das, was oft an journalistischer Berichterstattung kritisiert wird: Es entsteht ein Zerrbild und potenziell eher gegenseitiges Unverständnis.
  3. Für ein Seminar in Development Studies, Ethnologie oder African Studies könnte es gar als Beispiel für ein vermeintlich faktenbasiertes „othering“ verwendet werden, bei dem trotz bester Intentionen und auch guter Quellen nahezu alles schiefgeht, was schiefgehen kann.

Wie soll nun ein Journalist mit diesem Lehr- oder Handbuch zu einem qualitativ guten Journalismus zu Guinea-Bissau angeleitet werden? Um dieses Ziel zu erreichen, müsste der Leser erst einmal wesentlich besser über die Migration und Motive von und nach Guinea-Bissau informiert werden.  Mit der vorliegenden einseitigen und viele signifikante Informationen verschweigenden Fallstudie ist dies nicht gegeben. Dass das Ganze an einem Institut für internationalen Journalismus entsteht, lässt einen zwischen Schmunzeln und Schulterzucken zurück – auf der Startseite des Erich-Brost Instituts wird der Leitspruch des Namensgebers wiedergegeben: „Man muss doch informiert sein, um leben zu können!„.

Vielleicht gelten im internationalen Journalismus auch sehr viele niedrigere Standards, so dass das das Kapitel bereits als besonders kultursensitiv und auf verschiedene Aspekte hindeutend eingestuft werden kann? Vielleicht wäre bereits ein signifikanter Fortschritt zur aktuellen Berichterstattung im afrikanischen Kontext zu erreichen, wenn die im Handbuch vorgeschlagenen Dinge reflektiert und umgesetzt würden? Dies könnte durchaus zutreffend sein, dennoch mag ich den Journalisten und Journalistik Studierenden keine so geringen Kompetenzen andichten, dass die nicht in der Lage wären ein etwas komplexeres Bild eines Landes zu erfassen.

Es bleibt zu hoffen, dass wenigstens die Inhalte im Online-Kurs Modul zu Guinea-Bissau zumindest ein wenig komplettiert werden, um den eigentlich interessierten Lernenden kein allzu einseitiges Bild von Migration und Flucht aus/nach Guinea-Bissau zu vermitteln.

Migrationsprofil Guinea-Bissau – das versteckte Potenzial

Was könnten wir aus der Fallstudie Guinea-Bissau eigentlich lernen? Eigentlich, so meine ich, gibt das Fallbeispiel Guinea-Bissau eine ganze Menge her (vieles gilt nicht nur für Guinea-Bissau, sondern könnte auch bei jedem anderen Fallbeispiel aus Westafrika beobachtet werden). Allgemein gilt:

  • Der vermeintlich faktenbasierte statistische Blick auf eine jedes Land dieser Welt ist weit weniger neutral, als gemeinhin angenommen wird. Die Art und Weise, die Themen, die Art der Sprache und der Fokus auf bestimmte Themen ist beim Blick auf Länder des Globalen Südens oft von vornherein tendenziös, manchmal gar stereotyp – auch die großen internationalen Organisationen sind vor diesem Problem nicht gefeit. Den Statistikern ist dieses Problem bewusst, sie haben sich auch für dieses Problem einen Indexwert ausgedacht: den Statistical Capacity score (dieser liegt für Guinea-Bissau immerhin bei einer 57.6 auf einer Skala von 0-100) (UNICEF 2021). Wer sich einem Land ausschließlich mit Entwicklungsindikatoren annähert, setzt eine Brille auf – wendet einen Filter an – der einiges besonders sichtbar macht und anderes in den Hintergrund rückt. Es gilt hier also Vorsicht walten zu lassen und sich dieser Sache bewusst zu sein!
  • Zahlen – sind im afrikanischen Kontext mitunter „windelweich“ und stark politischer Natur – dessen sollte sich der berichtende Journalist zumindest bewusst sein.
  • Es gibt Aspekte, die tauchen in Statistik und Zahlen nicht auf – der eigentlich gute Ansatz einer faktenbasierten statistischen Betrachtung wird so zur Falle, die mitunter auf die falsche Fährte führt – statistisches Wissen und Zahlen mögen gar ab einer gewissen Betrachtungstiefe weitgehend versagen, so dass man Dinge nur in weiterführenden Studien erfährt oder besser noch persönlichen Recherchekontakte aufbauen muss (je nach Kontext mag das natürlich viel zu aufwändig sein).
  • Da über das Land Guinea-Bissau oftmals besonders stereotyp berichtet, ist die Recherche drastisch erschwert. Themen sind hier der die Berichterstattung dominierende Drogenhandel, aber auch das schlechte Abschneiden von Guinea-Bissau in zahlreichen Entwicklungsindizes Indizes (Guinea-Bissau belegt oftmals einen der letzten Plätze und wird daher in diesen Kontexten als Negativbeispiel angeführt).

Das Migrationsprofil Guinea-Bissau lädt dazu ein, über diverse Aspekte von Migration nachzudenken (einige davon werden im Kapitel benannt, etliche andere fallen unter den Tisch).

  • Folgt man der Migration aus und nach Guinea-Bissau lernt man die politische und wirtschaftliche Vernetzung des Landes kennen – und kann so Zusammenhänge herstellen, die weit über die des Bildes eines armen, abhängigen Landes hinausgehen:
    • Handelsstrukturen mit Migration aus dem Senegal, Mauretanien, Guinea, Libanon, Libyen und Marokko nach Guinea-Bissau.
    • Flüchtlinge des Casamance Konfliktes in Guinea-Bissau (verbunden mit der Frage nach der Gewährung von Staatsbürgerschaft an Flüchtlinge).
    • Im regionalen Vergleich LBGT „friendly“ – Migrations- oder Fluchtbewegungen aus den Nachbarländern, wenngleich auch zahlenmäßig als gering einzuschätzen.
    • Bildungsmigration von Guinea-Bissau in Richtung Portugal, Brasilien, Marokko, Türkei, Russland, Spanien, Portugal, Tunesien, Saudi-Arabien, Kuba, China und einigen mehr – teilweise zu einer mehrere hundert bis tausende umfassende Gruppe mit entsprechenden Initiativen und Vereinsaktivitäten in den jeweiligen Ländern.
    • Reguläre oder halb-reguläre Arbeitsmigration in Richtung Portugal, Senegal, Gambia, Frankreich, UK, Benelux, Italien und Deutschland; aber offenbar auch in Richtung Burkina Faso und Ghana.
    • Brain drain – 70 % der Menschen mit einem akademischen Abschluss wandern aus! Im gesamten westafrikanischen Raum ein unübertroffener Wert (International Organization for Migration (IOM) 2008).
    • Auch der Aspekt der Remittances gehört wohl in ein Migrationsprofil – in anderen Migrationsprofilen (UN, EU; Unicef, etc.) wird dieser Aspekt auch regelmäßig erwähnt.
    • Irreguläre Arbeitsmigration oder Fluchtbewegung über Libyen nach Italien oder über Marokko nach Spanien
    • Migration im Kontext des Handels mit Kokain, der für Guinea-Bissau wohl mittlerweile von entscheidender Bedeutung ist (Referenz wären hier die Arbeiten von Henrik Vigh).
    • Auch eine signifikante Re-Immigration scheint stattzufinden, da es zwar nur 900 Portugiesen, die in Portugal geboren wurden, in Guinea-Bissau leben, das port. Konsulat die Anzahl der im Konsularbezirk Guinea-Bissau betreuten Personen aber mit 10.000 angibt, von denen in der Vergangenheit über 99 % port. Staatsangerhörige waren, aber in ihrer Mehrheit wiederum nicht in Portugal geboren waren). Ein Aspekt, der noch detailliert zu recherchieren und überprüfen wäre. Mehr über eine mögliche Re-Immigration in Bezug auf die Diasporen Frankreich, Spanien, UK, Benelux oder Deutschland zu wissen wäre interessant – hier ist wieder statistische Unsichtbarkeit zu befürchten, da solche Zahlen vermutlich gar nicht erhoben werden können.
  • Sekundärmigration, die Menschen:
    • a) die weiteren Hauptmigrationswege des Aufenthaltslandes einschlagen lässt – hier wäre der Weg von Kap Verde in Richtung Brasilien oder USA zu nennen oder vom Senegal aus Richtung Frankreich und dann weiter in die Benelux-Länder und natürlich von Portugal aus in diverse EU Länder;
    • b) die Menschen statistisch „verschwinden“ lässt – Einbürgerung, weitere Migration erst in der folgenden Generation etc., so lassen sich bedeutenden Diasporen von Menschen aus Guinea-Bissau in Frankreich, UK, Benelux und Deutschland offenbar statistisch nur noch ungenügend erfassen; die in Frankreich gilt jedoch als zweit- oder drittgrößte nach Portugal und dem Senegal. Diese offenbar fortlaufende Integration und Assimilierung sind ein Zeichen langfristig positiv verlaufende Migrationsgeschichten.
  • Ethnische Aspekte der Migration – im Fall Guinea-Bissau z.B. die Manjako, die im Verhältnis zu ihrem Bevölkerungsanteil in der Diaspora deutlich überrepräsentiert sind (v.a. im Senegal und Frankreich). Einige Bevölkerungsgruppen haben sich offenbar besseren Zugang zu Migrationsmöglichkeiten geschaffen als andere, oder auch kulturell mag Migration für einige Bevölkerungsgruppen attraktiver als für andere sein (kulturelle Integration von Migration) – Ansätze dazu erwähnt Lengauer dazu in den Kontextfaktoren, ohne diese aber weiter auszuführen. Weitere Hinweise finden sich z.B. in Carreiro 2011, Diop 1985,1996, Hawthorne 2000, Jao 2000, Pink 2000). Wandern einzelne Bevölkerungsgruppen deutlich mehr als andere aus, scheint der Faktor Armut von anderen Motiven überlagert zu werden, ggf. ist es auch das gewachsene Netzwerk, ggf. gibt es Diskriminierung – verschiedenste Fragen könnte man stellen.

All das findet nun zweifelsohne in einem von Armut und Perspektivlosigkeit geprägten Umfeld statt. Die Frage ist jedoch, inwieweit alles singulär mit diesen beiden oder im direkten Zusammenhang stehenden Aspekten bereichernd erklärt werden kann.

Die allzu vereinfachten Darstellungen von armen afrikanischen Ländern, mit hohem Bevölkerungswachstum, die auf der einen Seite hoffnungslose, verarmte und auf der anderen Seite leicht aufstrebende, aber ihr Glück ebenfalls im Ausland suchende Migranten produzieren, scheint mir seit Jahren ausgiebig abgearbeitet und wenig fruchtbar für ein tiefergehendes Verständnis in der Zukunft zu sein.

Die offenkundig vielschichtigen Migrationsbewegungen von und nach Guinea-Bissau bieten allerdings Ansatzpunkte für viele verschiedenste Fragestellungen. Journalisten könnten einigen nachgehen, einige falsifizieren und viele weitere aufwerfen – jedoch bräuchten sie dazu schon eine Übersicht, die die Diversität in den Migrationsbewegungen und Motiven zumindest schemenhaft darstellt. Diese diversen Kontextfaktoren zeigen, wie essentiell wichtig Migration für ein Land wie Guinea-Bissau ist.

Möchte man nun wie im UNESCO Handbuch beschrieben die Menschen in den Mittelpunkt stellen, muss man jedoch auch erst einmal wissen wo diese Menschen sind und wie man sie erreichen könnte. Da die guinea-bissauischen Diasporen relativ gut organisiert sind, existieren überall Kulturvereine, die Studenten im Ausland sind über ihre Vereinigungen zu erreichen, selbst ethnisch organisierte Vereinigungen existieren, z.B. der Verein „Undiman Manjaku“ in Frankreich. Es ließen sich mit Sicherheit spannende und vielfältige Geschichten zur Migrationsgeschichte diese Menschen finden – und das ganz ohne weite Reisen tätigen zu müssen.

Das Fallstudie Guinea-Bissau im UNESCO Handbuch schließt mit dem Aspekt, dass das Land den Flüchtlingen aus dem Senegal und anderen Ländern, die über viele Jahre als staatenlose Personen in Guinea-Bissau lebten, letztlich die Bissau-guineische Staatsangehörigkeit gegeben hat. Mit einer solchen Politik sticht Guinea-Bissau nun offenbar international positiv hervor. Hiermit erfüllt sich nun doch noch meine Erwartung, einen neuen Aspekt zum Thema Migration in Guinea-Bissau kennenzulernen. Insofern hat sich das Lesen der Fallstudie trotz anderer Enttäuschungen dennoch gelohnt.

UNESCO Handbuch und Online Kurs mit Fallstudie Guinea-Bissau

UNESCO Handbuch

Fengler, Susanne; Lengauer, Monika; Zappe, Anna-Carina (Hg.) (2021): Reporting on migrants and refugees: handbook for journalism educators. UNESCO. Paris (UNESCO Series on Journalism Education).

Titelansicht des UNESCO Handbuches (https://en.unesco.org/publications/ReportingOnMigrantsAndRefugees)

— Das UNESCO Handbuch steht unter https://en.unesco.org/publications/ReportingOnMigrantsAndRefugees als PDF Dokument zum Download bereit.

Online Kurs Migrationsrouten mit Länderstudie Guinea-Bissau

— Neben dem Handbuch existiert auch noch ein online Kurs zum Thema: Internationale Migration – der zweite Teil behandelt Guinea-Bissau: „Migrationsrouten und Länderstudie Guinea-Bissau“ https://medien-migration-integration.de/courses/course-v1:EBI+Kurs011+online/about von Monika Lengauer und Johanna Mack

Titelanzeige des Online Kurses Internationale Migration, Teil 2: Migrationsrouten und Länderstudie Guinea-Bissau auf den Seiten des Erich-Brost Instituts ( https://medien-migration-integration.de/courses/course-v1:EBI+Kurs011+online/about)

Inhalt und Stil sind dem des Handbuches ähnlich, aber weniger ausführlich, dafür mit mehr Interviewmaterial angereichert, entsprechend gelten die Anmerkungen auch für diesen Kurs. Warum wir uns auf Biegen und Brechen nahezu ausschließlich mit irregulärer Migration und Flucht beschäftigen, obwohl nun die absolute Mehrzahl der Migranten per Flieger in die EU einreist (wie auch in diesem Kurs nebenbei erwähnt wird), leuchtet mir zwar nicht ein, aber dies ist der erklärte Fokus des Kurses (wenngleich dies im Titel des Kurses nicht direkt vermittelt wird). Insofern wird der Kurs seiner Sacher wesentlich gerechter, wenngleich das zu Guinea-Bissau vermittelte Wissen relativ dünn und stereotyp bleibt.

Die Mitautorin des Kurses Johanna Mack arbeitet an einer Fallstudie zu Guinea-Bissau unter dem Titel Knowledge Production for Media Development in Postcolonial Media Systems.

Quellen und Literatur

Da sich fast alle Quellen auch in den Referenzen Kapitel zu Guinea-Bissau befinden, ergänze ich hier nur diejenigen, die dort nicht vorkommen bzw. diejenigen, die ich nochmals im Text erwähnt habe:

Abreu, Alexandre (2012): Migration and Development in contemporary Guinea-Bissau: a political economy approach. PhD. School of Oriental and African Studies University of London. Department of Economics. Online verfübar unter https://doi.org/10.25501/SOAS.00014243

Carreiro, Maria João (2011): Arquitectos de um espaço transnacional lusófono. A diáspora guineense em Portugal. [Porto]: Edição Fundação Portugal – África. Online verfügbar unter https://issuu.com/fabiogogh/docs/livro_iii/50

Diop, Amadou Moustapha (1985): La diaspora manjak en France : Historique et organisation des caisses de villages. In: Présence africaine (133/134), S. 203–213. Online verfügbar unter http://www.jstor.org/stable/24351448.

Diop, Amadou Moustapha (1996): Société manjak et migration. Paris.

Hawthorne, Walter (2000): Migrations and statelessness: the expansion of the Balanta of guinea-Bissau, 1900-1950. In: Gérald Gaillard (Hg.): Migrations anciennes et peuplement actuel des Côtes guinéennes. Actes du colloque international de l’Université de Lille 1, les 1er, 2 et 3 décembre 1997. Paris: Harmattan (Cahiers lillois d’économie & de sociologie Hors série), S. 139–150.

International Organization for Migration (IOM) (Hg.) (2008): Irregular Migration from West Africa to the Maghreb and the European Union: An Overview of Recent Trends. Online verfügbar unter https://www.unhcr.org/49e479ca0.pdf.

Jao, Mamadú (2000): Ethnical origin and migration among the Mancanha of Guinea-Bissau. In: Gérald Gaillard (Hg.): Migrations anciennes et peuplement actuel des Côtes guinéennes. Actes du colloque international de l’Université de Lille 1, les 1er, 2 et 3 décembre 1997. Paris: Harmattan (Cahiers lillois d’économie & de sociologie Hors série), S. 215–222.

Observatório da Emigração (Hg.) (2022): Guiné-Bissau. Online verfügbar unter http://observatorioemigracao.pt/np4/paises.html?id=92, zuletzt aktualisiert am 21.02.2022.

OECD (2007): Immigrant Health Workers in OECD Countries in the Broader Context of Highly Skilled Migration*. In: OECD (Hg.): International Migration Outlook. SOPEMI – 2007 Edition. Paris: Organisation for Economic Co-operation and Development (International Migration Outlook). Online verfügbar unter https://www.oecd.org/migration/mig/41515701.pdf.

Phillips, Dom (2018): No food, no water: African migrants recount terrifying Atlantic crossing. In: The Guardian, 23.05.2018. Online verfügbar unter https://www.theguardian.com/world/2018/may/22/african-migrant-brazil-boat-rescue-atlantic-crossing.

Pink, Sarah (2000): Getting out of Guinea-Bissau: European migration and local lives. In: Gérald Gaillard (Hg.): Migrations anciennes et peuplement actuel des Côtes guinéennes. Actes du colloque international de l’Université de Lille 1, les 1er, 2 et 3 décembre 1997. Paris: Harmattan (Cahiers lillois d’économie & de sociologie Hors série), S. 517–532.

UNICEF (Hg.) (2021): Migration and Displacement Country Profiles (MDCP). Online verfügbar unter https://data.unicef.org/resources/migration-and-displacement-country-profiles-mdcp/.

UNICEF; UN DESA (2014): Guinea-Bissau – Migration Profiles. In: United Nations (UN), DESA-Population Division und UNICEF (Hg.): Migration Profiles – Common Set of Indicators. Online verfügbar unter https://esa.un.org/miggmgprofiles/indicators/files/Guinea-Bissau.pdf

Vigh, Henrik (2016): Life’s Trampoline: On Nullification and Cocaine Migration in Bissau. In: Jennifer Cole (Hg.): Affective Circuits. African Migrations to Europe and the Pursuit of Social Regeneration. Unter Mitarbeit von Christian Groes. Chicago, IL: University of Chicago Press.


[1] Wer ganz besonders kritisch sein möchte, könnte auch da anmerken, dass starre ethnische Kategorien die Realität nicht korrekt abbilden und solche Zahlen in Guinea-Bissau meines Wissens seit Jahrzehnten nicht neu erhoben wurden (anders als z.B. in Kenia, wo in Surveys nach der ethnischen Identität gefragt wird).

[2] Man stelle sich einen entsprechenden Satz im Länderprofil Deutschland in Bezug auf christliche Gruppen vor.

[3] Die Präsidentschaftswahlen 2019/2020 als hoffnungsvoll und erfolgreich zu bezeichnen, ist allerdings ebenfalls schon etwas sehr optimistisch ausgedrückt. Die Wahlen wurden angefochten, der gerichtliche Prozess der Wahlüberprüfung dauerte Monate an, war von Bedrohungen geprägt und der neu gewählte Präsident ließ noch vor dem Abschluss des Verfahrens in einem Hotel unter dem Schutz von Militär und politischen Eliten nach seinen Worten „symbolisch“ vereidigen. Eine verfassungsgemäße Vereidigung vor dem Parlament steht bis heute aus. In der Retroperspektive Stand 2022 waren die Präsidentschaftswahlen 2019/20 eher ein politisch und organisatorisches Desaster und werden als Tiefpunkt seit der Demokratisierung Guinea-Bissau‘s in den 90er Jahren in die Geschichte eingehen.

[4] Die zu diesem Punkt verwendete Info-Grafik sticht nochmals negativ hervor. Ausgaben und Investitionen in die verschiedenen Sektoren des Landes sollen veranschaulicht werden – hier fehlt allerdings der Kontext und eine vernünftige Legende, um die Informationen einordnen zu können. Einmal mehr, nichts was für gute Praxis steht, ausgerechnet in einem Lehrbuch für Journalisten.

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