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Maggi in Guinea-Bissau – über das Brühwürfelphänomen in Westafrika

Nachdem ich im Dezember 2009 hier mit den „Geschichten um den Brühwürfel“ erste Ergebnisse meiner Forschungsarbeiten veröffentlicht habe, sind diese mittlerweile im Leipziger Universitätsverlag als Buch erschienen. Der Brühwürfel springt vermutlich jedem Westafrika-Reisenden ins Auge –  ich freue mich daher die Resultate nun einem größere Publikum präsentieren zu dürfen. Kritik und Anregungen sind jederzeit willkommen.

Maggi in Guinea-Bissau - über das Brühwürfelphänomen in WestafrikaDer Brühwürfel der Firma Maggi begleitet uns und die Entwicklungen der modernen Lebensmittelindustrie bereits seit über 100 Jahren. Er ist ein Produkt unter vielen anderen, die im Zuge der Globalisierung ihren Weg um die Welt gemacht haben. In Westafrika ist es der Brühwürfel, der es als selbstverständliche Zutat in die Kochtöpfe der Menschen geschafft hat. In Guinea-Bissau heißt er gusto, Geschmack.

Die vorliegende Ethnographie versucht, den Platz, den er in den Küchen Guinea-Bissaus eingenommen hat, zu skizzieren. Dabei führt der Weg von der Entstehungsgeschichte des Würfels in Europa und Südamerika zur heute in Guinea-Bissau genutzten Form. Dort ist er heftig umstritten: Die einen halten ihn für eine Ingredienz kulinarischer Dilettanten, die anderen fürchten, dass er die lokalen Esstraditionen verdrängt. Diejenigen, die ihn für einen nicht zu ersetzenden Bestandteil ihrer täglichen Mahlzeiten halten, fragen sich, wie man ein Essen ohne „Gusto“ zubereiten könne. Im Für und Wider um den Brühwürfel stellt sich dar, was von den Akteuren als eine gute Mahlzeit verstanden wird und was nicht. Im Konsum des Brühwürfels scheinen sich auch Wünsche, die über das Gebiet der Ernährung hinausgehen, auszudrücken.

„Maggi in Guinea-Bissau – über das Brühwürfelphänomen in Westafrika“ – Leipziger Universitätsverlag, 2011, ISBN 978-3-86583-580-2 , Preis 20 Euro, Inhaltsverzeichnis

Exemplar per Mail an mstoppok[at]gmail.com bestellen,

im normalen Buchhandel, oder bei Amazon kaufen.

Ich wünsche allen Lesern viel Spass bei der Lektüre dieser unterhaltsamen Ethnographie!

Maggi & Co – Geschichten um den Brühwürfel

[Dies ist ein archivierter Beitrag aus dem Jahr 2009 – Der Beitrag ist ggf. analytisch und sprachlich in Teilen mitunter als mangelhaft einzustufen – Er spiegelt meine damalige Sicht auf Ereignisse, Erfahrungen und Zusammenhänge wieder – Eine Bewertung sollte daher in diesem Kontext erfolgen]

Viel hat die Forschung noch nicht ergeben, dennoch ist schon von ein paar Geschichten um den Maggi-Würfel zu berichten. Sehr lange ist dieses Produkt wohl noch nicht hier – angeblich gab es in den 80er Jahren weder Maggi noch Coca Cola. Personen, die 40 oder älter sind können sich daran erinnern, dass es früher keine Brühwürfel gab. Die erste Marke die hier Einzug gehalten hat war „Vita“, erst danach kam „Maggi“ auf den Markt – die heute wohl von der Mehrheit bevorzugt wird, einige bevorzugen aber auch weiterhin „Vita“ vor „Maggi“. Alle anderen erhältlichen Marken, wie „Jumbo“, „Kingbo“ und „Aji-no-moto“ haben ein schlechteres Image und werden wohl nur aus Geldmangel gekauft.

Da es viele Produktfälschungen gibt, auch von Brühwürfeln, sinkt zuweilen das Vertrauen in diese Produkte, da schon Leute nach dem Verzehr erkrankt sind. Es sind teilweise wunderliche Geschichten um die Brühwürfelprodukte zu hören. So soll der Brühwürfel „Jumbo“, der wohl aus Guinea-Conakry kommt Anfang der 90er Jahre bei Männern Impotenz verursacht haben. Die Ärzte hätten vor dem Verzehr gewarnt.

Nationale Jumbo Vertretung in Bissau – seit nunmehr 6 Monaten gibt es keine Ware mehr und niemand weiß wann es wohl wieder welche geben wird. Bisher wurde in Plastiktüten zu 50 Stück verkauft – in Zukunft wird jedoch an die Maggi-Karton Verpackung angeglichen – vielleicht bringt das den erwünschten Durchbruch. 3 Jumbo-Autos sind im Lande unterwegs – zur Zeit gibt es aber wohl wenig zu verteilen. Es stellte sich heraus, dass die Lieferungen direkt aus Spanien kommen. Im Senegal und Guinea-Conakry gibt es allerdings weitere Produktionsstätten, aus denen auch illegal nach Guinea-Bissau importiert wird. Jumbo ist nach Aussage des nationalen Importeurs auch in ganz Westafrika die präferierte Marke – nur in Guinea-Bissau und der Elfenbeinküste hätte Maggi den Markt für sich erobert.

„Aji-no-moto“ ist weißes kristallines Glutamat-Pulver, offiziell in Nigeria unter japanischer Lizenz hergestellt. In Bolama sagte man mir jedoch es seien alles Fälschungen aus Guinea-Conakry. Nicht mal die Packung anfassen sollte man, es sei nichts Wert. Seitdem er einen Kranken einmal das Pulver in seine Wunde habe schütten sehen, wolle er damit nichts mehr zu tun haben. Diese Geschichte bekam ich mehrfach zu hören. Dennoch in den Läden ist es erhältlich…

Die Verpackungen vom Maggi-Würfel kann man sammeln. Wenn man ein paar hundert zusammen hat, kann man in der örtlichen Maggi-Vertretung die Verpackungen gegen Eimer, Schüsseln oder ähnliches eintauschen. Wer einen kleinen Laden besitzt und kein Geld hat diesen vernünftig zu streichen kann die Maggi Leute anrufen und sie kommen und malen sein Haus wie einen Maggi-Würfel an – gelb – rot mit einem Hahn. Wunderbar!

Nur von „Vita“ gibt es keine Geschichten zu hören und auch kaum Werbung zu sehen. Trotzdem ist dieser aus dem Libanon stammende Brühwürfel weiterhin sehr beliebt.

Mittlerweile sind die Ergebnisse dieser Forschungen als Buch erschienen. Näheres „Maggi in Guinea-Bissau – über das Brühwürfelphänomen in Westafrika“